Wie letzte Woche angekündigt und weil ich heute irgendwie inspirationslos bin, gibt es in der Weihnachtszeit mal ein paar Stories aus meiner Schulzeit auf dem Friedrich-Rückert-Gymnasium oder wie es damals hieß: Gymnasium an der Rückertstrasse. Heute ist die Schule eine Ganztagsschule und sehr beliebt und wahrscheinlich auch ganz gut. Ich bin damals auf die Schule gegangen, weil sie ein gutes Sportprogramm hatte. Die Aussage meine Grundschullehrerin zu meiner Mutter war: Das trifft man nicht das beste Publikum. Meine Eltern hatten aber nichts gegen das Rückert und ich konnte mit dem Bus bis vor die Türe fahren, also ging ich dort hin. Das war 1994 (ja, so alt bin ich). Ich kannte nur Schüler in den höheren Klassen mit denen ich zusammen im Leichtathletikverein war.
Von den 90 Kindern, die auf drei Klassen verteilt waren, hatte die Mehrheit einen Migrationshintergrund. Die sprachlichen Fähigkeiten variierten stark. Ich kam in die 5a und war damit zufrieden. Die meisten anderen kannten sich schon, aber das störte mich nicht. Die "a" galt dann später als die schlimmste Klasse der Schule. Lehrer sagten untereinander: "Du hast die 10a? Die sind komplett hoffnungslos."
Mein erstes fragwürdiges Erlebnis hatte ich im Musikunterricht. Unser Lehrer war starker Alkoholiker und verließ nie die Musikräume. Zwischen beiden Musikzimmern lag eine Abstellkammer, die er als Büro nutzte. In der 8. Klasse wurden wir einzeln in diese Kammer gerufen um unsere Referatsnote zu erfahren. Auf dem Tisch stand ein voller Aschenbecher und ne Flasche Korn. Der selbe Lehrer hatte die Angewohnheit Leute einfach so raus zu schmeißen ohne das man etwas gemacht hatte. In seiner Stunde war es auch, das man die gegenüberliegenden Sozialwohnungen beobachten konnte. So kam es, dass wir einen Streit zwischen Eheleuten miterleben konnten und Zeuge wurden, wie der Ehemann im Zuge des Streits den Fernseher nahm und auf den angrenzenden Lehrerparkplatz warf - aus dem vierten Stock.
Weiter ging es in der Parallelklasse mit Lehrern, die ihre Schüler ungefähr im selben Ton ansprachen, wie sich auch die Schüler untereinander ansprachen. Arschloch war da noch das Netteste. Auf den Rest verzichte ich an dieser Stelle mal.
In der 8. Klasse sind die Jungs im Religionsunterricht jedes Mal aufgestanden und haben dem Relilehrer ein Geburtstagständchen gesungen. Einfach so. Außerdem haben wir seine Aktentasche benutzt um unsere Zeit sinnvoll zum Basketball-Training zu benutzen. Der Lehrer war nach nem halben Jahr wieder weg. Im selben Jahr ging es auf Klassenfahrt nach Stumm im Zillertal. Die Frage, die ich mir jeden Abend stellte war, wer ist besoffener, die Schüler oder die Lehrer? Einmal stand meine Französischlehrerin schwankend mit einer Weinflasche in der Hand bei uns im Zimmer und sagte uns, dass wir jetzt schlafen sollen.
In der 9. Klasse brach meine Freundin einem Mitschüler mit der Tür die Nase. Außerdem trat einer meiner Klassenkameraden gegen und dann auch durch eine Glastüre. Wir haben nie gesagt wer's war, denn am Ende haben wir alle zusammen gehalten, wenn es drauf ankam. Im selben Jahr wollten wir lieber in nen Freizeitpark als ins Gasometer, was fast zu einer Schlägerei zwischen unserem Klassenlehrer und unserem Deutschlehrer führte.
In der 11. Klasse (da war ich nicht da) brachten meine Mitschüler eine labile Mathelehrerin in die Psychiatrie. Die Frau hätte wahrscheinlich auch nicht mehr unterrichten dürfen.
In der Oberstufe meinte mein Physiklehrer, dass ich ja immer die Tafel putzen könnte, weil ich ja ne Frau sei und nicht wie die Nerd-tussis vom Leibniz (Kooperationsgymnasium auf dem nur Streber waren, die sich in der 5 Minuten Pause über die Relevanz der Zahl Pi in irgendwas unterhalten haben). Später traf ich ihn an der Uni wieder und er konnte nicht anders als mich mit den Worten zu begrüßen: "Was machst Du denn hier?" Ich war geneigt mit "Physik studieren" zu antworten. Beließ es aber bei der Wahrheit.
In der 13. stand ich mal mit einer Lehrerin auf dem Schulhof und unterhielt mich über die anstehenden Vorabi-Klausuren, als ein Ziegelstein von innen durch das Fenster eines der Klassenräume segelte. Generell war die Polizeipräsenz bei uns in den letzten zwei Schuljahren besonders hoch, auch weil eine Lehrerin mit einer Waffe bedroht wurde - das war aber nachmittags.
Generell kann man Folgendes festhalten. Die meisten Lehrer suchten sich zu Anfang des Jahres ihre Lieblinge aus. Einer kommunizierte das auch ganz offen. Einige Lehrer nutzen jedes noch so kleine Fitzelchen Macht, dass sie besassen aus, um den Schülern, die sich nicht mochten, das Leben schwer zu machen. Mein Mathelehrer gab mit die 4 und somit die Zulassung zum Abi mit den Worten: "Ich geb dir jetzt ne 4, aber nicht weil Du sie verdient hast, sondern weil ich keinen Bock hab, dich hier nächstes Jahr nochmal zu sehen." Meine Antwort war: "Das beruht auf Gegenseitigkeit." Der Umgangston untereinander war ziemlich hart an der Grenze (Worte, die ich heute nicht mehr benutzen würde, gehörten bei uns zur ganz normalen Ansprache) und wer dachte, dass die Verbreitung von Bildern halbnackter Mädels erst mit Facebook möglich wurde, der kannte meine Schule nicht (nein, ich war immer angezogen). Wer nicht "cool" war, hatte es schwer. Trotzdem hat jeder (egal wie cool) seinen Teil abbekommen und über jeden wurden Stories erzählt, die komplett aus der Luft gegriffen waren.
Ich kann für mich mit stolz behaupten, dass ich jedes Jahr mindestens einmal aufgefordert wurde den Unterricht zu verlassen. In der 6 hab ich fast gar nicht mehr am Religionsunterricht teilgenommen - außer an den Tests, die dann zu meiner Note führten (ne 3 - kann man nicht meckern). Selbst in der 13 bin ich in Mathe rausgeflogen, als das eigentlich nicht mehr erlaubt war, Leute vor die Tür zu schicken. Die Schulzeit war für mich eine sehr schöne Zeit, auch wenn man mal gedisst wurde. Ich würd's also wieder machen